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„Atlantis des Nordens“: Wattwanderung zur versunkenen Stadt Rungholt

Rungholt war eine legendäre Stadt an der nordfriesischen Küste, die im 14. Jahrhundert von einer verheerenden Sturmflut verschlungen wurde. 

Die sagenumwobene Stadt gilt als das "Atlantis des Nordens" und zieht noch heute viele Forscher und Abenteurer an, die nach Spuren ihrer Existenz suchen. Heute können Sie bei Ebbe einige Überreste von Rungholt im Watt zwischen den Inseln Pellworm und Nordstrand entdecken, wenn Sie sich einer geführten Wattwanderung anschließen. 

Rungholts Tragödie: Was im Jahr 1362 geschah

Am 16. Januar 1362 braute sich Unheil über der Nordsee zusammen. Wolken verdunkelten den Himmel, Sturm peitschte die Wellen meterhoch auf und eine Sturmflut gewaltigen Ausmaßes rollte auf die friesische Küste zu. Die Wassermassen pulverisierten die Deiche, fluteten die Wiesen und verschlangen ganze Dörfer. Mit ihnen wurde die Stadt Rungholt in die Tiefe gerissen und für immer von der Landkarte getilgt. Die Sturmflut ging unter dem Namen Grote Mandrenke oder die Zweite Marcellusflut in die Geschichte ein. Sie tötete schätzungsweise 25.000 Menschen und zerstörte mehrere Dörfer und Städte, darunter Rungholt. Die genauen Umstände des Untergangs von Rungholt sind nicht bekannt, aber es wird vermutet, dass die Stadt durch die Erosion des Torfbodens, auf dem sie stand, besonders anfällig war. Die Sturmflut bildete auch einen tiefen Priel, die heutige Norderhever, die das ehemalige Land von Rungholt vom Festland trennte.

Wiederentdeckung der mittelalterlichen Stadt im Watt

Rungholt befand sich in der Landschaft Strand, die einst ein großes Marschgebiet zwischen den Flüssen Eider und Wiedau war. Diese Region war Teil der Uthlande, die von den Friesen besiedelt wurden. Sie machten sich im Mittelalter von der dänischen Krone unabhängig. Rungholt war eine der größten und reichsten Siedlungen der Uthlande und gehörte zur Edomsharde, einer von fünf Verwaltungsbezirken der Landschaft Strand. Die Stadt lag an der Küste und besaß einen wichtigen Hafen, von dem aus Handel mit anderen Regionen betrieben wurde. Rungholt bestand aus zwei Teilen, Grote Rungholt und Lütke Rungholt, die durch einen Fluss getrennt waren. Die Dächer der Gebäude wurden von einer großen Kirche überragt, die als Wahrzeichen der Stadt galt. 

Video: Rungholt, das "Atlantis der Nordsee"

Wattwanderung zur versunkenen Stadt

Die Überreste von Rungholt liegen heute im Wattenmeer, das bei Ebbe trockenfällt und bei Flut wieder vom Wasser der Nordsee überflutet wird. Bei Ebbe können Sie einige Spuren von Rungholt im Watt finden, wenn Sie in Ihrem Urlaub in einem Ferienhaus an der Nordsee an einer geführten Wattwanderung teilnehmen. Der ehemalige Standort von Rungholt wird zwischen Nordstrand und der Hallig Südfall verortet. Die Wattwanderung beginnt in Strucklahnungshörn auf der Halbinsel Nordstrand und dauert etwa vier Stunden. Sie führt zu den Stellen, wo die Warften, Brunnen, Deiche und Wege der versunkenen Stadt vermutet werden. 

Mit etwas Glück finden Sie Überreste der mittelalterlichen Stadt im weichen Schlick. Bruchstücke von Ziegelmauern werden häufiger entdeckt, Keramik, Münzen, Schmuck, Werkzeuge und Knochen sind seltene Fundstücke. Diese sind jedoch Eigentum des Landes Schleswig-Holstein und dürfen von den Teilnehmern nicht mitgenommen werden. Die Wattwanderung ist auch eine hervorragende Gelegenheit, die einzigartige Natur und Tierwelt des Wattenmeeres kennenzulernen und Muscheln, Krebse, Würmer und Vögel in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten.

Wie lebten die Menschen in der versunkenen Stadt?

Wer einmal an einer geführten Wattwanderung zu den Überresten von Rungholt teilgenommen hat, fragt sich unwillkürlich, wie die Menschen damals vor über 650 Jahren lebten. Fakt ist: In der Stadt lebten Friesen, die stolz auf ihre Unabhängigkeit vom dänischen Königshaus waren. Die Landwirtschaft war die wichtigste Erwerbsquelle für die Rungholter, die auf fruchtbaren Marschböden Getreide, Gemüse, Obst und Futterpflanzen anbauten. Sie hielten auch Vieh, vor allem Rinder, Schafe, Schweine und Pferde, die ihnen Milch, Fleisch, Wolle und Leder lieferten. Die Einwohner gewannen auch Salz aus dem Meerwasser, das sie in Salzpfannen verdampften und zu Salzblöcken pressten.

Der Handel war die wichtigste Einnahmequelle für die Rungholter, die ihre Produkte auf dem regionalen und überregionalen Markt verkauften oder tauschten. Sie handelten vor allem mit den friesischen Nachbarstädten, aber auch mit den Hansestädten, den skandinavischen Ländern sowie mit England und Frankreich. Sie importierten vor allem Wein, Gewürze, Tuche, Metalle und Keramik und nutzten für den Transport ihre eigenen Schiffe, die sogenannten Koggen, die bis zu 200 Tonnen Ladung aufnehmen konnten.

Der Mythos von Rungholt 

Die Lebensweise der Menschen in Rungholt war geprägt von Wohlstand, Freiheit und Kreativität. Alten Legenden zufolge waren sie jedoch auch von Hochmut, Gier und Sünde erfüllt. Sie sollen die Natur, die Kirche und die Obrigkeit missachtet haben und sich der Völlerei und zahlreichen Ausschweifungen hingegeben haben. Ob es sich bei den Erzählungen um wahre Geschichten oder um Ausgeburten der Fantasie neiderfüllter Zeitgenossen handelt, kann heute nicht mehr abschließend geklärt werden. Hartnäckig hält sich der Mythos, dass die Bewohner Rungholt mit ihrer Lebensweise den Zorn Gottes heraufbeschworen hätten, der sie mit einer verheerenden Flut bestraft haben soll.

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